Die erste St. Galler Nationalrätin (1971 bis 1975) ist am 11. Oktober verstorben. Im Zeitzeuginnengespräch mit unserem Archiv erzählte sie aus ihrem privaten und beruflichen Leben.
Hanna Sahlfeld-Singer (1943-2025) wuchs in Flawil auf und studierte in Zürich, Basel und Wien Theologie. Nach ihrer Heirat mit dem deutschen Theologen Rolf Sahlfeld übernahm das Ehepaar das Pfarramt der evangelischen Kirchgemeinde von Altstätten im St. Galler Rheintal.
Von 1971 bis 1975 war Hanna Sahlfeld Nationalrätin für die SP. Mit 28 Jahren war sie die jüngste der zwölf Parlamentarierinnen der ersten Generation (elf Nationalrätinnen und eine Ständerätin) und die erste Vertreterin des Kantons St. Gallen. Mit ihrem politischen Engagement, das nicht vereinbar war mit einer Anstellung in einer Landeskirche, begann für die Familie eine schwierige Zeit. Die meisten Menschen in Altstätten hatten kein Vertrauen mehr in das Pfarrerehepaar: Er war Ausländer, sie politisierte für die Linke und bekam gleichzeitig ihr zweites Kind. Rolf Sahlfeld sah sich schliesslich gezwungen zu kündigen. Im Kanton St. Gallen war es für ihn aussichtslos, eine Stelle zur erhalten.
Obwohl Hanna Sahlfeld erfolgreich politisierte und 1975 wiedergewählt wurde, entschied sie sich ihr Mandat abzugeben, als ihr Mann im Herbst 1975 in Deutschland eine Anstellung als Pfarrer erhielt.
Die Familie Sahlfeld-Singer zog ins Rheinland, in die Nähe von Köln, wo Hanna Sahlfeld unterrichtete und sich in der Entwicklungspolitik und Ökumene engagierte.
Am 11. Oktober 2025 ist Hanna Sahlfeld im Alter von 81 Jahren verstorben.
Auszüge aus dem Oral History-Interview mit der Pionierin Hanna Sahlfeld-Singer (Sep 20222) finden Sie hier im Themenblock «Frauen in der Politik». Den Katalogeintrag zum Interviuew finden Sie hier. Das vollständige Interview kann bei uns vor Ort eingesehen werden.