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Aktuell


Themenmonat Kolonialgeschichte

Themenreihe zur Kolonialgeschichte


Auf Initiative von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen findet im April und Mai 2024 in St. Gallen ein Themenmonat mit zahlreichen Veranstaltungen zur Kolonialgeschichte im Bodenseeraum statt.

Das Archiv für Frauen- und Sozialgeschichte beteiligt sich mit einer Reihe, die gemeinsam mit der Erfreulichen Universität Palace St. Gallen umgesetzt wird. Die Themenreihe geht konkreten Beispielen der kolonialen Verflechtungsgeschichte im Bodenseeraum nach und wirft ausserdem einen Blick auf verschiedene Möglichkeiten der Geschichtsvermittlung vor Ort.

Stoffe aus St. Gallen im Sklavenhandel

Vortrag von Dr. Andreas Zangger am 30. April, 20:15 im Palace

Im transatlantischen Sklavenhandel waren Stoffe ein wichtiges Handelsgut. Schon länger bekannt ist, dass auch Schweizer Textilfabrikanten Waren für diesen Handel lieferten. Doch St. Gallen als grosse Textilstadt war dabei bisher weniger im Fokus. Welche Rolle spielten denn Stoffe aus St. Gallen und der Ostschweiz im Sklavenhandel? Und wieso ist es wichtig darüber zu sprechen? In einem Inputreferat geht Andreas Zangger (Historiker, Amsterdam) diesen Fragen nach. Im Anschluss daran öffnen wir das Gespräch für Fragen aus dem Publikum.

Koloniale Spuren in der Lokalgeschichte sichtbar machen: Drei Beispiele aus der Ostschweiz und dem Bodenseeraum

Podiumsdiskussion am 7. Mai um 20:15 im Palace

Die Aufarbeitung der imperialen Vergangenheit Europas hat in der Geschichtswissenschaft schon länger Konjunktur. Die neue Kolonialgeschichte versucht, imperiale Metropole und Kolonie als einen Interaktionsraum zu denken, in dem Begegnungen und Austauschprozesse auf sehr vielfältige Weise – wenn auch immer unter ungleichen Machtverhältnissen – stattfanden. Die Spuren dieser Verflechtung finden sich also auch in unserer Gegenwart und in unserer Stadt, Region usw. Dank politischer Bewegungen rücken diese Geschichten verstärkt in den Blick einer breiteren Öffentlichkeit, von Kunst und Kultur. Zuletzt hat die Black Lives Matter Bewegung 2021 grosses Interesse an den kolonialen Spuren im öffentlichen Raum ausgelöst. Aber wie erzählt und vermittelt man die oft komplexen Verhältnisse von Ausbeutung, Begegnung und Transfer von Waren, Wissen und Menschen? Wie zeigt sich das Globale konkret im Lokalen? Und warum löst das so oft Widerstände aus? Das Podium gibt Einblick in historische Vermittlungsprojekte und künstlerische Interventionen aus der Ostschweiz und dem Vorarlberg.

Wir sprechen mit dem freischaffenden Historiker Miguel Garcia, den Filmemacherinnen Anette Baldauf und Katharina Weingartner (Filmprojekt STOFF/LACE RELATION) und Hans Fässler, Stadtführer und Mitglied der Fachgruppe «Weg der Vielfalt»

Witwen, Töchter, Gattinnen im frühen spanischen Kolonialhandel

Vortrag von Prof. Dr. Kirsten Mahlke und M.A. Hannah A. Beck am 14. Mai, 20:15 im Palace

Die Eroberungs- und Kolonialgeschichte Amerikas wird als Geschichte der männlichen Helden wahrgenommen: Conquistadoren, Händler und Seeleute sind die männlichen Protagonisten der Kolonialgeschichte. Wir werden uns einer bislang wenig bekannten Seite dieser Geschichte zuwenden: Welche Rolle spielten Frauen bei der Eroberung und Kolonisierung Amerikas? Gab es Frauen aus der Bodenseeregion, die die Handels- und Kommunikationsnetzwerke zwischen Europa und der Neuen Welt mit bestimmt haben? Welche Rollen konnten weibliche Geschäftsleute in der frühen Kolonialgeschichte übernehmen? Am Beispiel der Witwe Ursula Ehinger (Konstanz/Augsburg), Felicitas Welser, der Tochter Bartholomäus Welsers und Gattin Hieronymus Sailers (Augsburg/St. Gallen), und Barbara Engelin (Konstanz), der Gattin Matthäus Welsers, werden Handlungsräume von Aktuerinnen in der Kolonialhandelsgeschichte der frühen Neuzeit vorgestellt.

Bildlegende: «Augmented Reality» macht’s möglich: Die «Marie-Séraphique», eingesetzt im transatlantischen Sklavenhandel im 18. Jahrhundert, fährt im Herbst 2023 über den Bodensee. Grafik: Sarah Montani, Fotografie und Bildmontage: Andreas Butz, Daniela Saravo.


Geschichtsvermittlung

Weg der Vielfalt


Die kulturhistorische Vielfalt von St.Gallen zeigt sich an verschiedensten Orten im Stadtbild. Ein «Weg der Vielfalt» soll in Zukunft erlauben, mit einfachen digitalen Mitteln die Stadt auf der Suche nach bisher eher unbekannten Erinnerungsorten und ihrer Geschichte auf eigene Faust und auf eigenen Wegen zu durchstreifen. Der geplante «Weg der Vielfalt» wird einerseits aus heutiger Sicht problematische Darstellungen oder Orte mit einer belasteten Vergangenheit thematisieren sowie den geschichtlichen Bezug herstellen. Andererseits werden inspirierende Geschichten von Menschen aufgearbeitet, welche sich für Menschenrechte und Gerechtigkeit eingesetzt haben.

Die Stadt St.Gallen hat für diesen «Weg der Vielfalt» wohl als erste Schweizer Stadt einen partizipativen Ansatz gewählt. Die gesamte Öffentlichkeit war im vergangenen Herbst aufgerufen, die aus ihrer Sicht bedeutenden und bisher zu wenig sichtbar gemachten Orte der Vielfalt online einzugeben. Anschliessend fand die Evaluierung und Auswahl der eingegangenen Vorschläge durch die Fachgruppe «Weg der Vielfalt» statt. Zudem wurde die vorgeschlagene Auswahl an einem öffentlichen Anlass im Waaghaus gemeinsam mit Interessierten diskutiert. Die Fachgruppe arbeitet mit diesem Input nun weiter an der Finalisierung der Liste und insbesondere der Umsetzung der Infotexte zu den ausgewählten Orten.

zum Saiten-Interview mit Judith Grosse, Archivleiterin und Mitglied der Fachgruppe

Mitglieder Fachgruppe «Weg der Vielfalt»
  • Katharina Morawek, Beraterin in Diversität, Gleichstellung & Inklusion des Instituts Neue Schweiz
  • Rita Kesselring, assoziierte Professorin für Urban Studies an der Universität St.Gallen
  • Judith Grosse, Leiterin des Archivs für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte
  • Nicole Stadelmann, Co-Leiterin des Archivs der Ortsbürgergemeinde
  • Hans Fässler, Historiker und Stadtführer
  • Matthias Fischer, Leiter Denkmalpflege Stadt St.Gallen
  • Peter Tobler, Gesellschaftsfragen Stadt St.Gallen

Bildlegende: Darstellung der fünf Kontinente am 1904 erbauten «Haus zur (Goldenen) Waage», Ecke Spisergasse/Multergasse, geschaffen vom holländisch-schweizerischen Bildhauer Henri Gisbert Geene (1865–1950). Quelle: Hans Fässler.


Netzwerktreffen
Fr. 7. Juni 2024, 9 Uhr
Bern

Unconference


Das Historikerinnennetzwerk Schweiz lädt zur ersten Historiker*innen-Unconference am 7. und 8. Juni 2024 in Bern ein.

Historiker*innen in der Schweiz wünschen sich mehr Räume, um gemeinsam aus intersektional-feministischen Perspektiven den Stand der Geschichtswissenschaften in der Schweiz sowie unsere beruflichen Praktiken und Wissensformen zu diskutieren und zu reflektieren. Das hat das Historikerinnennetzwerk in seiner Arbeit immer wieder festgestellt. Inspiriert von den zukunftsweisenden «Schweizerischen HistorikerInnentagungen», organisiert das Historikerinnennetzwerk Schweiz deshalb 2024 eine Unconference.

Die Unconference ist eine offene, partizipative Veranstaltung, an der alle Teilnehmenden gemeinsam entscheiden, welche Themen und Fragen diskutiert werden. Die Historiker*innen-Unconference ist inklusiv und richtet sich nebst Studierenden und Forschenden auch an Geschichtslehrpersonen, Mitarbeitende von Kultur- und Gedächtnisinstitutionen, Freischaffende und alle weiteren Historiker*innen.

Das Archiv für Frauen- und Sozialgeschichte Ostschweiz wird vertreten sein an einer Plenumsveranstaltung zu den Themenfeldern feministische Archivpraxis und zum Erzählen von Frauengeschichten. Das Plenum ist Teil des Formats der Gosteli-Gespräche, die in diesem Jahr im Rahmen der Unconference stattfinden.

Die Anmeldung ist ab sofort möglich.