Margrith Bigler-Eggenberger (1933-2022) war die erste Rechtsdozentin und erste Bundesrichterin der Schweiz.
Sie wurde in Niederuzwil im Kanton St. Gallen geboren, studierte Rechtswissenschaften in Genf und Zürich. In den Semesterferien arbeitete sie im alten kantonalen Zuchthaus St.Jakob in St. Gallen, was ihr Interesse am Strafvollzug weckte. Sie wurde eine Verfechterin des modernen Strafvollzugs und schrieb ihre Dissertation zur Resozialisierung von jugendlichen Rückfalltätern. 1959 heiratete sie den Lehrer Kurt Bigler, der den Holocaust überlebt hatte und 1942 in die Schweiz geflüchtet war.
Ab 1966 war sie Versicherungsrichterin, dozierte an der Universität St. Gallen und arbeitete in der eidgenössischen AHV-/IV-Kommission mit. Margrith Bigler-Eggenberger setzte sich aktiv für die Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts ein. 1972 wählte sie die Bundesversammlung als erste Ersatzrichterin des schweizerischen Bundesgerichts, 1974 als erste ordentliche Bundesrichterin. In der II. Zivilabteilung (Familienrecht) setzte sie sich für eine Lockerung des Scheidungsrechts ein. Während 17 Jahren war sie die einzige Richterin am Bundesgericht. 1994 trat sie als vollamtliche Richterin zurück und arbeitete noch bis 1996 als Ersatzrichterin.
In Beruf und Freizeit kämpfte sie für Chancengleichheit und Gleichberechtigung. So verfasste sie neben anderen wichtigen Büchern ein Grundlagenwerk zur Situation der Frauen in der Sozialversicherung und zur Diskriminierung der Frauen. Für ihre wissenschaftlichen Verdienste erhielt Bigler-Eggenberger den Ehrendoktortitel von den Universitäten St. Gallen und Fribourg. In Gedenken an ihren Mann richtete sie einen Fonds gegen Antisemitismus und Rassismus ein, den Biglerpreis, der die Holocaust-Education fördert.
Die Verzeichnung folgt dem internationalen Archivstandard ISAD(G).